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Manterrupting – Jetzt rede ich!



Manterrupting – Jetzt rede ich!


Ich wage kaum noch nachzufragen "Wie geht es Ihnen?", denn die Einen fassen dies als reine Verlegenheitsfloskel auf, während die Anderen wirklich ein echtes Bedürfnis haben, auf ehrlich entgegengebrachtes Interesse unverschönt zu antworten. Ich persönlich habe immer ein offenes und interessiertes Ohr für Sie.


Apropos miteinander reden

Online bin ich unlängst über einen Begriff gestolpert: "Manterrupting/Manteruption". Hier handelt es sich um ein englisches Kofferwort aus "Man" und "-terruption", der Kurzform des Substantivs "interruption – Unterbrechung". Mit diesem Kofferwort wird seit ca. 2015 das Unterbrechen der Ausführungen einer Frau durch einen Mann bezeichnet. Diese These zur "Ins-Wort-fallen"-Angewohnheit von Männern ist nicht unumstritten, basiert sie doch auf keinen belastbaren empirischen Daten, sondern nur auf der sogenannten "WomanInterruptedApp". Insofern wird von Kritikern eine sexistische Fokussierung und Stereotypisierung vermutet. Im Business-Kontext konnte ich tatsächlich beobachten, dass Männer öfter und drastischer unterbrechen. Nichtsdestotrotz stellt das "Wortabschneiden" – unabhängig vom Geschlecht der jeweiligen Protagonisten – eine echte und leider nicht aussterbende Unart dar. Dementsprechend rufe ich jetzt einfach mal parteiisch, einseitig und subjektiv den Frauen zu: Lasst Euch nicht unterbrechen – von wem auch immer.


Ein Standpunkt sollte nicht nur das sein, worauf man ständig stehen bleibt (Friedel Beutelrock)


Schon in meinem Praxisleitfaden "Karrierefaktor Stimme – Stimmtraining für Frauen" habe ich auf dieses untugendhafte Tun hingewiesen. Nehmen Sie diese Erwähnung weniger als Werbung, sondern vielmehr als Beleg, dass Manterrupting immer salonfähiger wird – insbesondere in der tagtäglichen Online-Kommunikation via ZOOM Sky, etc. Im virtuellen Rahmen kommt immer noch erschwerend hinzu, dass – je nach Web-Meeting-Software – der Audiokanal der unterbrochenen Person sich dem Ins-Wort-Faller oftmals direkt unterordnet und sich ausblendet. So fällt auch die Chance weg, durch entschlossenes Weiterreden wieder die Gesprächs-Oberhand zurückzugewinnen.


Apropos unterordnen:

Tappen Sie auch öfters in die Bescheidenheitsfalle? Und stecken Sie zurück nach dem Motto: "Ach, meine Leistungen werden schon noch irgendwann erkannt und mir wird zugehört." Vielleicht – vielleicht aber auch nicht. Wenn Sie sich das Wort wegnehmen lassen, erfahren wir nie etwas über Sie. Neigen Sie eventuell unter Stress oder angesichts einer drohenden Unterbrechung dazu, leiser zu werden? Oder sprechen Sie dann erst recht schneller? Mit der Aussicht, "es" dann zügiger hinter sich zu bringen? Bevor Sie den Fokus verlieren, sich im eigentlich stramm gespannten roten Faden verheddern oder sich den Angstschweiß mitsamt Tages-Make-Up von der Stirn wischen müssen, könnten Ihnen vielleicht folgende Tipps und Gedankenanstöße – ohne Schminkanleitungen – weiterhelfen:


  • Bleiben Sie jetzt fokussiert – und ärgern Sie sich später. Gerade in der Business-Kommunikation gilt: Lassen Sie Ihr Gegenüber nicht spüren, dass Sie sich verletzt oder bis ins Mark getroffen fühlen. Der Schriftsteller Mario Puzo legte dem "Paten" schon 1969 den berühmten Satz in den Mund "It's not personal. It's just business." Man beachte das Fehlen eines emotional aufladenden Ausrufezeichens.

  • Atmen Sie weiter, halten Sie nicht die Luft an. Korrigieren Sie Ihre Körperhaltung, nähern Sie sich unmerklich der Kamera an und sagen Sie in Gedanken: "Bis hierhin und nicht weiter." In meinen Coachings empfehle ich das unmerkliche Spiel mit den Sitzhökern und dem gedanklichem "Ja". Wie das geht, verrate ich Ihnen gerne.

  • Holen Sie sich Ihr Wort zurück. Thematisieren Sie den "Wortraub" Ihres Gegenübers – freundlich, aber bestimmt. Beispielsweise so: " Frau/Herr XYZ. Ihr Gedanken/Statement ist bestimmt interessant und im Anschluss können Sie gleich etwas dazu sagen/ausführen“. Wiederholen Sie nun ruhig Ihr Statement, ohne eine Pause zu machen.

  • Mut zur Ich-Botschaft. Ja, nur Mut! Wie? Ein nachahmenswerter Hinweis. O-Ton:„Ich persönlich habe leider die Erfahrung gemacht, dass ein höfliches Intervenieren mit einer Du-Botschaft gar nichts bringt. Die reden einfach über deinen Einwurf hinweg weiter. Besser wirken bei mir Ich-Botschaften: «Ich bringe meine Ausführungen zu Ende, dann können Sie reden.» oder «Jetzt rede ich».

  • Trauen Sie sich mehr zu – immerhin haben Sie das Gespräch ja nicht unterbrochen. Frauen denken oft, dass ein Contra unhöflich erscheint. Männer sehen es eher sportlich, schreiben den Punktverlust ab und schlagen den nächsten Ball auf. Ebenso wissen einige sehr genau mit "Status" umzugehen und platzieren ihre Redebeiträge ganz gezielt und strategisch. Auch wenn es uns nicht immer gefällt: Sichtbarkeit ist ein Marketingwerkzeug. Das gilt umso mehr in der Online-Kommunikation.

  • Pause? Machen Sie erst eine winzige Pause, wenn Sie Ihren diesbezüglichen Gedanken wirklich zu Ende gebracht haben – und setzen Sie in Gedanken dann einen deutlichen Punkt. Jetzt erst ist Ihr Gegenüber wieder dran.

  • Ärgern verboten? Nö, es kommt nur auf den Rahmen an. Überlegen Sie aber bitte genau, mit wem Sie Ihre Emotionen teilen, nachdem der öffentliche Vorhang gefallen ist. Nichts macht schneller die Runde als Informationen mit dem Etikett: Bitte für Dich behalten.

  • Moderator_in versagt? Trägt die Gesprächsleitung Mitschuld am "Wortraub"? Thematisieren Sie Ihre Wahrnehmung unter vier Augen und gehen Sie auch – sofern zutreffend – auf die Problematik des Manterruptings ein.


Von Herzen ein dreifaches „Toi. Toi. Toi und viel Erfolg bei der Umsetzung.

Ihre

Esther Schweizer


P.S. Quellenangaben und Verlinkung. Ich übernehme keine Gewähr für die Aktualität und Richtigkeit. Abgerufen und gesehen 05.2021.




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