Der zweite Eindruck
Liebe Leserinnen und Leser,
dieser Sommer 2018 stellt sich uns bis jetzt als ein echtes Wechselbad der Gefühle dar – sowohl meteorologisch, als auch in Bezug auf den von einigen geliebten, von anderen gehassten Nationalsport Fußball. Liegen die Nerven blank und fahren die Gefühle Achterbahn, "versemmelt" man auch gerne mal den WM-Start oder eine wichtige Präsentation, sinkt angesichts eines "Freudschen Versprechers" bis zu den roten Ohren im Boden oder wird angesichts der hochkochenden Emotionen von einem echten Blackout heimgesucht.
Wie Sie die zweite Chance für einen guten Eindruck nutzen und sich auf der Bühne aus extrem unerfreulichen Situationen möglichst elegant herauslavieren, ist daher das heutige Blog Thema.
Der erste Eindruck
Nicht nur auf der Bühne, auch im "normalen", öffentlichen Leben geht es fast immer um Wirkung. Wie möchte ich wirken? Wie wirke ich auf andere? Unser aller Ehrgeiz liegt darin, die gewünschte mit der tatsächlichen Wirkung möglichst in Deckungsgleichheit zu bringen. In immer schnelleren und hektischeren Zeiten gewinnt der legendäre "erste Eindruck" verständlicherweise exponentiell an Bedeutung. Angeblich sollen wir ja nur magere 20 Sekunden Zeit haben, um bei unserem Gegenüber einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Um den Druck noch weiter zu erhöhen, will ich auch die Hypothese nicht unerwähnt lassen, dass sich innerhalb von lediglich 250 Millisekunden der imaginäre Daumen nach oben (sympathisch) oder nach unten (unsympathisch) bewegen soll. Unser Gehirn, genauer gesagt der Neocortex, baut dann zu allem Überfluss noch einen Zusammenhang zwischen "sympathisch" und "kompetent" auf – Voila, da haben wir den "Salat": Wer es also offensichtlich auch als Keynote Speaker oder Vortragsrednerin nicht schafft, sich während des Bruchteils eines Augenblicks sofort als "Strahlemann" oder "Glamour Girl" darzustellen, gerät gnadenlos unter die Räder, oder? Schauen wir mal …
Wie schaffe ich es, doch noch einen zweiten, besseren Eindruck zu hinterlassen?
So schlimm ist es glücklicherweise auch nicht. Achtung, Zitat-Battle: Zwar schrieb Herrmann Hesse in seinem bekannten "Stufen"-Gedicht: "Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne." – nichtsdestotrotz sollten Sie sich aber von der Aussage "Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance." freimachen, die wiederum Arthur Schopenhauer zugeschrieben wird. Also: Zauber gerne nutzen, aber insgesamt Druck rausnehmen und nach vorne schauen. Meiner bunten Lebenserfahrung nach erhalten wir alle fast immer eine zweite Chance, nicht selten auch noch eine dritte. Fehler und Pannen sind menschlich – und daher unvermeidbar. Es kommt nicht auf (prinzipiell unerreichbare) Perfektion an, sondern wie wir mit den Patzern und Fettnäpfchen-Tritten dann im jeweiligen Kontext umgehen. Gerade zum Start unseres Vortrags oder unserer Präsentation übernehmen wir konsequent und vehement die Verantwortung. Streuen uns vielleicht noch selbst ein wenig mehr Salz in die Wunde? Vielleicht entwaffnen wir das Publikum aber alternativ auch mit einem charmanten und unverstellten Lächeln? Dann besteht die berechtigte Hoffnung, dass wir angesichts der Akzeptanz der eigenen Fehlbarkeit noch mehr Sympathie-Punkte bei unserem Publikum einsammeln. Hat sich nun eventuell ein komplett anderer und vollkommen ungeplanter Einstieg in Ihren Vortrag ergeben? Tut doch auch gar nicht so weh, oder? Das Leben schreibt oft die besten Intros.
Diese Empfehlungen sollen aber keinesfalls als Plädoyer für Überheblichkeit, schlechte Vorbereitung oder übertriebenes Laissez-faire missinterpretiert werden. Immerhin beanspruchen Sie mit Ihrem Vortrag, Ihrer Präsentation oder Rede ja wertvolle Lebenszeit Ihres Publikums – haben vielleicht auch schon ein gutes Vorab-Honorar erhalten oder sind einem regelmäßigen Brötchengeber verpflichtet.
Machen Sie also alle Anwesenden und sich selbst glücklich: bereiten Sie sich gut vor und nehmen wohlgemeinte Kritik stets "geschäftlich und nicht persönlich". Von Auftritt zu Auftritt werden Sie zwangsläufig immer besser, wenn Sie Feedback einfordern, konstruktiv und konkret umsetzen und sich nicht ins Bockshorn jagen lassen.
P.S. Esther Schweizer bietet Ihnen passend zu dem Thema weiterführende Einsichten >Und Auftritt! Vom Trainer_in zur Speaker_in I So werden Sie fit für die Bühne!<)
Der erste Eindruck und Ihre nachhaltige Wirkung auf andere Menschen hängt – und diese Tatsache wird leider immer wieder sträflich unterschätzt – sehr stark von Ihrer Stimme ab. Nicht erst seit 1998 ist bekannt, dass die Stimme nach Ihrem Gesicht und Ihrer Kleidung ein weiteres wichtiges Entscheidungskriterium für Sympathie und Antipathie ist. Zwei echte Evergreen-Leseempfehlungen: Zeitschrift GEO, Dezember 1998, Instrument unserer Seele – Die Stimme. Sowie Erfolgsfaktor Stimme -Stimmtraining für Frauen.
In meinem nächsten Lesebeitrag gehe ich auf die Frage „Woher kommen Blackouts, Versprecher, Fadenrisse, und, und …?“ ein.
Bis dahin wünsche ich Ihnen eine gute und inspirierte Zeit.
Ihre Esther Schweizer